Weihnachtszeit

Biografie und Musik

Das berichtet Wikipedia

Der Hans im Glück

Um es gleich vorwegzunehmen: Sein Name ist echt. Sicher kein alltäglicher Name, und sicher ist auch die Geschichte dieses Menschen nicht alltäglich. Wenn einer ein Glücksymbol als Namen trägt, ist er dann automatisch ein Glückspilz? Oder eher ein Pechvogel, der sein Leben lang vergeblich nach seinem Glück sucht? Dass «Glück» kein fester Begriff ist, sondern auch von der Lebenseinstellung abhängt, zeigt folgende Geschichte: Hans-Jürgen Hufeisen wird gleich nach der Geburt von seiner Mutter in einem Hotel ausgesetzt. Er wird vom Wirt unter einer Bettdecke entdeckt und gerettet. Das, woran sich Hufeisen heute erinnert, ist nicht etwa die Angst vor dem Ersticken, sondern das Erscheinen des Lichts beim Hochheben der Decke.

«Mir ist klar, dass ich damals ein ungeheures Licht empfand (…). Ja, das ist geblieben. Ich suche eigentlich immer Lichtthemen. Die ganze Musik, die ich mache ist geprägt von dieser Erlebnissituation von damals. Es ist immer ein Aufstehen, ein Hinausgehen – meine Musik ist etwas zutiefst Zufriedenes.»

Porträt von Uwe Birnstein: Das unglaubliche Leben des Flötenspielers Hans-Jürgen Hufeisen

Wanderer zwischen den Welten

Hans-Jürgen Hufeisen ist virtuoser Blockflötenspieler, Komponist, Arrangeur, Choreograph - ein Multitalent, ein kreativer Schaffer, der seine Energie und Inspiration durch verschiedene Produktionen und Produkte manifestiert. Sein Schaffen umfasst über 30 CDs, die sich 4 Millionen mal verkauften, ungefähr 40 Konzerte pro Jahr und die Durchführung grosser Anlässe in verschiedenen Ländern. So hat er beispielsweise in der Schweiz das Mysterienspiel »Der helle Morgenstern« für den Kanton Wallis komponiert, inszeniert und choreographiert: ein Werk für Mezzosopran, drei Knabensoprane, zwei Chöre, Orchester und Bewegungstheater, mit insgesamt 1500 Mitwirkenden. Oder dann der Event »Flötenmusik der Kulturen«: Flötenspieler aus aller Welt spielten in der Deutschlandhalle Berlin zum Thema »Liebe unter den Religionen und Völkern«, ein bewegendes Ereignis nicht nur für die Zuschauer, sondern auch für die beteiligten Musiker, die sich zu diesem Anlass vertieft mit dem Thema »Liebe« in ihrer Kultur auseinandergesetzt haben. Dabei haben sie teilweise uralte Weisen wieder entdeckt und einem grossen Publikum zugänglich machen können. In KonzertMeditationen mit Anselm Grün oder Margot Käßmann begeistert er das Publikum.

»Das sind ja gar keine Blockflöten«,

entfuhr es einem Kritiker, der den Künstler zum ersten Mal hörte. Hufeisen schreibt nicht nur seine Musik selbst; auch die Instrumente sind eigens für ihn gebaut, da sie ein sehr grosses Stimmvolumen erfordern. Der Name Hufeisen ist eng verknüpft mit einem Instrument, das landläufig immer noch gering geschätzt und als »für Anfänger geeignet« deklassiert wird: die Blockflöte begleitet den Künstler seit seiner Kindheit:
»Ich hatte mir mal mit sechs Jahren eine Blockflöte gewünscht und die bekam ich auch. Dann bekam ich Blockflötenunterricht. Aber nicht wie man das heute so tut - in der Schule, man geht zu einem Musiklehrer. Nein. Meine damalige Heimmutter nahm mich mit und wir gingen in einen Wald und sie sagte: Hier hast du das Mundstück der Flöte und jetzt versuche mal die Geräusche eines Vogels nachzuahmen oder das Rauschen des Windes oder was weiss ich, das Krabbeln oder das Gehüpfe von Tierchen oder das schnelle Gehen einer Maus. Das war gar nicht einfach, aber es funktionierte.«
Und Hufeisen ist bei seinem Instrument geblieben, er hat sich über Jahre und Jahrzehnte zu einem der virtuosesten Blockflötisten Europas entwickelt. Schon während seiner Studienzeit galt er als Talent, dem eine grosse Karriere bevorstehen sollte. Aber das »Wunderkind« ging nicht den vorgegebenen, stilsicheren Weg, sondern verschrieb sich seiner individuellen Kreativität. Er brach mit verschiedenen Traditionen und führte seine Blockflötenmusik in ganz neue, in der traditionellen Blockflöten-Szene nicht immer gern gesehenen Klang- und Melodie-Welten. Mit seiner typischen »Hufeisenmusik« verärgerte er zwar so manchen in der Fachwelt der Blockflöte, dafür erreichte er ein neues und sehr grosses Publikum, für welches die Blockflöte bisher kaum ein Thema war. Im Vordergrund stehen bis heute die Klänge und Melodien, so wie sie im schöpferischen Prozess hervorkommen; die Blockflöte wird als Wegweiser in verschiedene Welten eingesetzt, verbindet sich dabei mit traditionellen Melodien aus dem Barock, mit Volksweisen aus verschiedenen Kulturen, mit ganz neuen Klängen. Nebst der ganzen Blockflötenfamilie - vom Sopranino bis zum Subbass - kommen weitere Instrumente wie Klavier, Saxophon, Synthesizer, Schlagzeug, Streicher etc. zum Einsatz. Jedes Programm, jedes Konzert und jede CD erhält damit eine eigene Prägung, gleichzeitig bleibt aber die spezielle »Hufeisenmusik« erkennbar - sie ist in den letzten 25 Jahren zu einem Markenzeichen geworden.

Die Würde des Baumes

Zurück zur Blockflöte: mit der Wahl dieses einfachen, gleichzeitig aber vielseitigen Instrumentes hat das eine besondere Bewandtnis. Hans-Jürgen Hufeisen auf die Frage, was die Blockflöte für ihn bedeute:
»Das ist für mich die Würde vor einem Baum zu stehen. Sie müssen sich vorstellen, ich habe ja Holzflöten und mit jeder Holzflöte wird Lebendiges weitergegeben. Vielleicht hat mal dieses »Hölzle« irgendwann in der Vorzeit, als es Baum war, Melodien von einem Vogel gehört. Und diese Melodien gehen wahrscheinlich durch dieses Holz immer weiter. Das ist so meine Fantasie, und wenn ich dann Melodien erfinde auf so einer Holzflöte, dann gehen wahrscheinlich diese Melodien, die der Baum damals aufnahm, immer noch weiter. Sie werden neu geschaffen. Für mich ist das auch ein ganz tolles Bild für - wir sagen es ja mit so einem altmodischen Wort - Auferstehung. Aber hier steht wirklich etwas neu auf. Ich stehe vor so einer Holzflöte mit Würde. Es war ein Baum.«
TV: Vom Findelkind zum Konzertflötisten